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Zahlen, Daten & Fakten

Mit Zunahme der Lebenserwartung erlangt auch das Thema "Gesundheit im höheren Lebensalter" eine wichtige Bedeutung. Zentraler Aspekt für gesundes Älterwerden ist dabei der Erhalt der körperlichen und geistigen Funktionsfähigkeit.

07.06.2019

Suchtmittelkonsum älterer Menschen

Unabhängig von Erkrankungen spielen mit dem Alter verbundene Gesundheitsprobleme wie z. B. Stürze und demenzielle Erkrankungen, der Verlust der unabhängigen Lebensführung, ungeplante Krankenhausaufenthalte und eine erhöhte Sterblichkeit eine entscheidende Rolle.

Die Entstehung dieser Probleme können durch riskanten Alkoholkonsum und einen unkontrollierten Medikamentengebrauch – früher oder später – deutlich beschleunigt werden.

Bei aller Unterschiedlichkeit beim Älterwerden gilt für alle, dass

  • sich der Konsum von Alkohol stärker auf den Körper auswirkt und
  • der Gebrauch von Medikamenten in der Regel häufiger wird.

 

Grundsätzlich werden zwei verschiedene Ausgangssituationen für Suchterkrankungen im Alter benannt.

• Early-Onset-Suchterkrankung:

Hiervon sind Menschen betroffen, die ihre Suchterkrankung in die sich wandelnde Lebensphase und den entsprechenden Lebensraum mitbringen. Bei dieser Gruppe haben die Suchtprobleme meist in frühen Lebensphasen begonnen und im Verlauf des Lebens häufig zu schweren körperlichen und psychischen Erkrankungen, hirnorganischen Veränderungen und zu sozialen Situationen der Ausgrenzung und Isolation geführt.

• Late-Onset-Suchterkrankung:

Im Lebensalltag älterer Menschen kann es sein, dass sich aus nachlassender Unabhängigkeit und Kontrolle Suchterkrankungen entwickeln. Krankheiten, fehlende Mobilität, sich reduzierende Sozialkontakte, Einsamkeit, Verlusterfahrungen (Menschen, Lebenssinn), finanzielle Probleme etc. werden mitunter über den Konsum von Suchtmitteln kompensiert. Dieser Prozess erfolgt unbewusst, zum Beispiel in Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten.

07.06.2019

Medikamente

Medikamentenprobleme werden oft erst im Alter sichtbar. Insbesondere Beruhigungs- und Schlafmittel versprechen schnelle Abhilfe bei seelischen Beschwerden wie zum Beispiel Bedrücktheit, Nervosität oder hormonellen Beschwerden bei Frauen in den Wechseljahren.

Es gibt durchaus Situationen, die die Einnahme solcher Medikamente notwendig machen. Wegen des hohen Suchtpotenzials sollten sie allerdings nur kurzzeitig und nach vorheriger ärztlicher Absprache eingenommen werden.

Die gesundheitlichen Folgen langanhaltenden Medikamentenkonsums sind abhängig von der Art des Mittels. Bei fortgesetztem Missbrauch von Benzodiazepinen kann es zu Schlafstörungen, Muskelschwäche, Koordinationsstörungen sowie Persönlichkeitsveränderungen kommen. Die Folgen äußern sich unter anderem in einer erhöhten Sturz- und Unfallgefahr.

Die Symptome der Benzodiazepinabhängigkeit im Alter sind (Geyer 2010):
• häufige Stürze
• Ataxie (Störung der Bewegungskoordination)
• sozialer Rückzug
• nachlassende Körperhygiene
• Verwahrlosung
• Verwaschene Sprache
• nachlassende Leistungsfähigkeit
• Hirnleistungsstörungen, besonders amnestische Störungen („Pseudodemenz“)
• Antriebs- und Interesselosigkeit

22.01.2020

Prävalenz des Gebrauchs von Medikamenten

(mindestens einmalig in den letzten 12 Monaten)

Altersgruppe 40 - 59 Jahre 60 - 64 Jahre
Schmerzmittel 72,6% 64,0%
Schlaf- und Beruhigungsmittel 7,5% 9,7%

Quelle: Olderbak, S., Rauschert, C., Möckl, J., Seitz, N.-N., Hoch, E., & Kraus, L. (2023). Epidemiologischer Suchtsurvey 2021. Substanzkonsum und Hinweise auf substanzbezogene Störungen in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. IFT Institut für Therapieforschung.

 

Wöchentliche Einnahme (in den letzten 30 Tagen)

Altersgruppe 40 - 59 Jahre 60 -64 Jahre
Schmerzmittel 28,6% 34,8%
Schlaf- und Beruhigungsmittel 55,8% 60,6%

Quelle: Olderbak, S., Rauschert, C., Möckl, J., Seitz, N.-N., Hoch, E., & Kraus, L. (2023). Epidemiologischer Suchtsurvey 2021. Substanzkonsum und Hinweise auf substanzbezogene Störungen in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. IFT Institut für Therapieforschung.

Die im Rahmen einer Sonderauswertung für Nordrhein-Westfalen erhobenen Daten zum Medikamentengebrauch weichen in den o.g. Altersgruppen nur geringfügig von den Zahlen des Bundes ab.
Mehr dazu: Piontek, Gomes de Matos, Atzendorf, Kraus (2017): Substanzkonsum und Hinweise auf klinisch relevanten Konsum in Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein‐Westfalen, Sachsen und Thüringen. Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurvey 2015. IFT‐Berichte Band Nr. 189.

07.06.2019

Riskanter Gebrauch

  • Von einem riskanten Medikamentengebrauch sind vor allem Frauen betroffen.
  • Bei ca. 5% der über 60-jährigen Menschen in Deutschland ist von problematischem Konsum von Schlaf- und Beruhigungsmitteln auszugehen (Schätzung; Epidemiologischer Suchtsurvey 2015).
  • Rund 1,2 Millionen Menschen sind geschätzt abhängig von Benzodiazepin-Derivaten, weitere 300.000 bis 400.000 von anderen Arzneimitteln (Glaeske, in Jahrbuch Sucht 2016; Soyka et al 2005).
    Das bedeutet bezogen auf NRW: 240.000 Menschen sind abhängig von Benzodiazepin-Derivaten sowie weitere 60.000 bis 80.000 von anderen Medikamenten (geschätzt rund 300.000 Medikamentenabhängige in NRW).
  • Bei 1,0 bis 2,0 Mio. der über 60-jährigen Frauen und Männer weist der Gebrauch psychoaktiver Medikamente und Schmerzmittel zumindest Gewohnheitscharakter auf.
  • 4-5% aller häufig verordneten Medikamente wie z.B. Beruhigungs- und Schlafmittel besitzen bei langfristiger regelmäßiger Einnahme Abhängigkeitspotenzial (Glaeske; in DHS, Jahrbuch Sucht 2016).
  • 26,5% der Bevölkerung (Frauen: 30,8%; Männer: 22,3%) leiden mindestens drei Mal pro Woche unter einer Schlafstörung, bei den 70- bis 79-Jährigen nimmt dieser Anteil auf bis zu 37,5% zu (B.-M. Kurth (2012): Erste Ergebnisse aus der "Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS), Bundesgesundheitsblatt 55, S. 980–990).
  • Bei etwa 15% der Menschen, die von ambulanten Pflegediensten und in stationären Altenhilfeeinrichtungen betreut werden, ist von problematischem Alkohol- und Medikamentenkonsum auszugehen (Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit).
  • Über 65-jährige Menschen nehmen mehr als 70% aller verschriebenen Arzneimittel ein: bei 40% werden acht Wirkstoffe und mehr zugleich verordnet, rund 20% erhalten mehr als 13 Wirkstoffe (BMBF 2012, Medikamente im Alter).
  • Medikamentenmix kann zu neuen unberechenbaren Neben- bzw. Wechselwirkungen führen.
  • Laut Epidemiologischem Suchtsurvey (2015) gibt es aktuell einen deutlichen Anstieg beim Konsum von Schmerzmitteln. Unklar ist noch, inwieweit dies überwiegend rezeptfreie Schmerzmittel oder rezeptpflichtige Schmerzmittel mit erheblichem Suchtpotenzial sind.
12.06.2019

Schlafstörungen

Schlafstörungen kommen mit zunehmendem Alter häufiger vor, wobei Frauen häufiger betroffen sind. Dazu zählen Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Neben der Behandlung mit Medikamenten gibt es jedoch weitere Möglichkeiten, um den Schlaf zu verbessern. Beispielsweise die „Schlafhygiene“, regelmäßige Bewegung und Entspannungstechniken haben eine positive Wirkung auf die Schlafqualität und -dauer (Schlack/Hapke/Maske/Busch/Cohrs (2013): Häufigkeit und Verteilung von Schlafproblemen und Insomnie in der deutschen Erwachsenenbevölkerung – Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1), Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 5/6, S. 740–748).

12.06.2019

Alkohol

Manche Menschen suchen in schwierigen Lebenssituationen Entlastung durch den Konsum von Alkohol. Dies gilt auch bei Menschen im höheren Lebensalter. 

Möglicher Grund hierfür ist die Schwierigkeit, neue, oft belastende Lebenserfahrungen zu bewältigen. Doch der Konsum von Alkohol entlastet nur scheinbar und erhöht das Risiko, abhängig zu werden. Dies gilt grundsätzlich für jeden Lebensabschnitt, besonders aber für das Alter.

Nicht zu vernachlässigen ist außerdem, dass Personen, die regelmäßig Alkohol konsumieren, aufgrund einer veränderten Physiologie im Alter tatsächlich weniger Alkohol vertragen und so bei gleichbleibender Trinkmenge schneller ein körperlicher Schaden oder eine Abhängigkeit von Alkohol eintritt.
Die gesundheitlichen Folgen alkoholbedingter Erkrankungen im Alter sind z.T. anders als in jüngeren Jahren. (Mukamal et al. 2003)

Insbesondere steigt das Risiko für:
• Schäden an vielen Organen
• Tumore
• Wechselwirkungen mit Medikamenten
• Stürze und Unfälle
• psychiatrische Erkrankungen
• Beeinträchtigung kognitiver Funktionen

Die Symptome alkoholbedingter Erkrankungen im Alter sind charakterisiert durch:
• Stürze
• Schwindel
• Gesichtsröte
• Durchfälle
• Kognitive Defizite
• Stimmungsschwankungen
• Interesselosigkeit, Interessenverlust
• Appetitverlust, Fehlernährung
• Voralterung

12.06.2019

Alkoholprobleme im Alter treten bei Männern häufiger auf

  • Riskante Mengen Alkohol werden im Erwachsenenalter am häufigsten von Männern in der Altersgruppe von 60-69 Jahren (jeder Vierte = 25%) getrunken und bei Frauen am häufigsten im Alter zwischen 50-59 Jahren (jede Sechste = 17%).
  • Frauen mit höherem sozialen Status trinken – auch im Alter – häufiger riskante Mengen Alkohol als Frauen mit niedrigem Sozialstatus (RKI, Journal of Health Monitoring 2016, Daten der DEGS 1).

Riskanter Konsum = tägliche Menge Alkohol, ab der das Risiko für zahlreiche Erkrankungen deutlich erhöht ist:

  • Männer: 20g Reinalkohol/Tag = 2 Gläser à 0,3 Liter
  • Frauen: 12g Reinalkohol/Tag = 1 Bier à 0,3 Liter oder ca. 0,1 Liter Wein
12.06.2019

Weitere Fakten zum Alkohol im Alter

  • 2-3% der über 60-jährigen Männer und 0,5 -1% der über 60-jährigen Frauen sind von Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit betroffen, das sind etwa 400.000 Menschen (Weyerer 2011).
  • 34% der 65- bis 79-jährigen Männer und 18% der 65- bis 79-jährigen Frauen trinken – laut Selbstauskunft – so viel Alkohol, dass ihr Risiko für zahlreiche Krankheiten deutlich erhöht ist. Insbesondere steigt die Häufigkeit des Risikokonsums bei Frauen mit dem sozioökonomischen Status an (Hapke/von der Lippe/Gaertner 2013 – DEGS1).
  • Ein Rauschkonsum (d.h. sechs und mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit, mindestens einmal im Monat) lag bei 22,5% der Männer und 7,5% der Frauen im Alter zwischen 65 und 79 Jahren – laut Selbstauskunft vor (Hapke/von der Lippe/Gaertner 2013 – DEGS1).
  • Verschiedene Studien zusammengefasst zeigen im Zeitverlauf, dass bei Frauen ein stetiger Rückgang des riskanten Alkoholkonsums in allen Altersgruppen stattfindet. Aber insbesondere bei Männern im Alter zwischen 55 und 69 Jahren stagniert der Rückgang (RKI, Journal of Health Monitoring 2016, DEGS 1).
  • 19,3% der Männer und 3,8% Frauen sind bei Eintritt ins Pflegeheim alkoholabhängig (Weyerer, Schäufele, Zimber 1999).
  • Anstieg Krankenhausbehandlungen wegen akuter Alkoholintoxikation von 2010 - 2015:
    Bundesweit:
    55-60-Jährige: plus 21% (von 7.772 auf 9.436)
    60-65-Jährige: plus rund 40% (von 4.386 auf 6.123)

    NRW:
    55-60-Jährige: plus 19% (von 1.781 auf 2.114)
    60-65-Jährige: plus rund 43% (von 985 auf 1.395)

12.06.2019

Tabak

  • Unter den 60- bis 69-Jährigen rauchen 22,7% der Männer und 16% der Frauen.
  • Ab 70 Jahre und älter rauchen 9,8% der Männer und 5,2% der Frauen
    (Statistisches Bundesamt 2014: Gesundheitswesen – Fragen zur Gesundheit – Rauchgewohnheiten der Bevölkerung – Mikrozensus 2013).

Informative Filme

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. zeigt auf ihrem  YouTube-Kanal acht kleine informative Filme zum Thema „Medikamente und Sucht“.

12.06.2019

Weiterführende Informationen

Die Internetseite "Medikamente und Sucht" ("Gemeinsam achtgeben – Gemeinsam Lösungen finden") der DHS liefert Wissenswertes für drei unterschiedliche Zielgruppen: Interessierte und Betroffene, Behandler und Berater und Fachleute und Forschung:

www.medikamente-und-sucht.de

Die Internetseite "Unabhängig im Alter" der DHS bietet neben allgemeinen Informationen zum Thema "Sucht und Alter" u.a. weitergehende Hinweise zu den Themen Alkohol, Medikamente und Tabak in Verbindung mit dem Alter. Sie bietet darüber hinaus Kontaktadressen zu Einrichtungen, die Hilfsangebote für die Zielgruppe "ältere Menschen" und deren Angehörige bereithalten:

www.unabhaengig-im-alter.de

Internetseite über und mit den Ergebnissen aus acht Modellprojekten zum Thema Sucht im Alter verbunden mit dem Fokus auf Vernetzung von Alten- und Suchthilfe:

www.alter-sucht-pflege.de